Über kratzende Ketten und Pfeife rauchende Herren, wie ich euch beinahe ein lustiges Foto vorenthalten hätte und was ich im Winter anziehe.
Die Kette kratzt
Letzte Woche habe ich das Trike stehengelassen. Minus zehn Grad - das ist selbst mir zu kalt.
Es gibt ja so Rad-Gesetze wie: grundsätzlich immer Gegenwind.
Bei mir ist es so, dass jedes Mal, wenn ich mein Trike in die Werkstatt bringe, das tollste Wetter herrscht. Mein ganz persönliches Fahrrad-Gesetz.
Beim Pedalieren spürte ich unter meinen Fußsohlen, dass die Kette ratscht. Als glitte sie an irgendeinem Hindernis entlang oder bliebe am Rohr hängen. Gab ich viel Druck aufs Pedal, war es besser oder verschwand sogar, aber bei wenig Druck war dieses störende Phänomen sehr dominant.
Ferndiagnose des Fachmanns:
- Das Rohr ist nicht präzise positioniert oder defekt,
- das "Ding" (siehe Foto unten) ist locker und verändert seine Position. Steht etwa nach rechts oder links, statt auf sechs Uhr nach unten zu ragen,
- die Rolle an der Kette ist zu unbeweglich oder ganz starr.
Das Ding sitzt fest in seiner vorgesehenen Position, also fuhr ich bei strahlendem Sonnenschein und zehn Grad plus nach Bielefeld in die Werkstatt. Siehe oben "mein ganz persönliches Fahrrad-Gesetz".
Das "Ding", dessen Bezeichnung ich nicht kenne.
Als ich aus der Werkstatt trat, um den Akku an meinem Trike anzubringen, beugte sich ein älterer Herr in Schiefermütze mit Pfeife über mein Gefährt, um es ganz genau zu inspizieren.
Ihn hatte ich eben mit ungläubig aufgerissenen Augen in der Werkstatt angestarrt. Wie er da stand. Mit einem schweren Karton in beiden Armen.
Über den Rand lugte ein Rad - nur das Metall, ohne Reifen - mit einem Motor darin. Der Händler erklärt ihm gerade wo was anzubringen sei und was er unbedingt beachten müsse.
Heranschleichend konnte ich einen Blick in die Kiste werfen: Kabel, Display, Gebrauchsanweisung und noch mehr Kabel. Draußen stand das Gekko der Gattin und wartete auf den GoSwiss Drive Motor.
Nun wollte er an meinem Scorpion nachsehen, wie die Kabel verliefen. "Ich mache alles selbst!" verkündete er stolz und zeigte mir den von ihm eigenhändig in Form gebogenen Gepäckträger, den er am Gekko verbaut hatte. (Nach einem Kipp-Unfall waren die Streben verbogen, die Gattin darf nur noch mit Helm fahren.)
Jetzt kratzt die Kette beim Pedalieren nicht mehr, aber die Rolle ist noch nicht einwandfrei beweglich.
"Das müsste ich ganz abmontieren."
Mein persönliches Fahrrad-Gesetz!! Bloß nicht das Trike da lassen!
"Ich bin zufrieden so. Beim nächsten Kundendienst kannst du das dann machen.
WENN ES REGNET UND WINDET."
Ich kann nämlich mein Trike gleich wieder mit nach Hause nehmen.
Heute bin ich in gesetzesbrecherischer Laune 🙂 .
Der Herr mit Schiefermütze und Pfeife erzählt, dass seine Rolle auch ganz fest saß und wie er sie abmontierte, vom Schmutz befreite und einölte.
"Einwandfrei", sei sie ab da gelaufen. Er fummelte an der Rolle meines Trikes herum und zeigte, dass sie nur in einer bestimmten Position nicht mehr rund laufen wollte. Er fand es nicht zufriedenstellend, dass ich mein Trike so wieder mitnehmen würde. "Ich kann Ihnen das machen", bot er an.
(Er und seine Frau waren sehr entzückende Leute und wir hatten nette Gespräche. Mir haben die handwerklichen Fähigkeiten ziemlich imponiert.)
Der Werkstattinhaber verzog keine Miene und wies mich darauf hin, dass meine Bremsbeläge "bald runter sind". Was? Die sind doch erst vor einem Jahr erneuert worden?
Mehr Verschleiß im Winter
"Du bist den ganzen Winter geradelt, das greift die Beläge an. Schmutz, Salz und die Nässe setzen ihnen zu."
Ein Monat in diesen Verhältnissen könne Verschleiß einer ganzen Sommersaison hervorrufen, erklärte er mir.
Meine Skepsis stand mir wohl zu Gesichte, er erzählte mir von einem Mann, der den ganzen Winter über Zeitungen austrug. Mit dem Fahrrad. Seine neuen Beläge der einfachen V-Bremsen hielten nur wenige Tage. Über zweihundert Stopps von Haus zu Haus fahrend, bei Kälte, Salz und Dreck, plus die gewöhnlichen Stopps an Kreuzungen und Ampeln, machten ihnen schnell den Garaus.
Dabei hatte ich extra darauf geachtet, bei Salz nicht allzu oft zu fahren.
"Gerade der Wintereinsatz geht mit einem erhöhten Pflege- und Wartungsaufwand einher", schreibt auch Andreas Mahler auf seinem Blog Ohne Auto im Alltag.
Den Blog kann ich euch übrigens sehr empfehlen, den lese ich selbst regelmäßig und sehr gerne. Andreas Mahler beschreibt sein (Familien)Leben mit zwei Lastenräder in Augsburg.
Sehr inspirierend, auch für LiegeradlerInnen.
Radeln im Winter - wie war das?
Apropos Winter. Ich hatte euch ja versprochen, dass ich meine Winterkleidung beschreibe. So habe ich auch eifrig Fotos gemacht.
Der Ehemann brach in Gelächter aus als er das Bild mit der Gesichtsmaske sah.
Das hat mich nun doch etwas verunsichert.
Soll ich das wirklich öffentlich ausstellen?
Ach, was soll's.
Aber wehe, einer von euch lacht!
Unter der Mütze versteckt sich ein Windstopper-Stirnband.
Ich hatte keine Probleme damit, bis minus fünf Grad zu radeln. Ich kam mit warmen Händen und Füßen an und auch der Rumpf war warm. Lediglich die obligatorischen Schwachpunkte wie Hintern und Hinterseite der Oberschenkel waren etwas kühl, aber nicht kalt.
Meine Strecken sind bei so niedrigen Temperaturen eher kurz, ich bin längstens eine halbe Stunde unterwegs. Wie meine Bekleidung bei längeren Touren standhält, weiß ich daher nicht.
Hose
Eine Softshell Hose reichte mir nicht. Bei unter fünf Grad sind friere ich auch in diesem Hightech-Material.
Also radle ich in Skihosen. Darunter lange Funktionshosen. In der Skihose kann ich mich gut bewegen, sie raschelt nur wenig. Kein kalter Wind kommt durch, sie ist wasserdicht und ragt am Rücken bis über die Nieren.
Ich habe diese Hose schon seit über fünf Jahren.
Ab fünf Grad trage ich Softshell Hosen. Ich habe zwei. Eine dickere, die dem Wind standhält und eine dünnere, zwar wattiert, aber nicht winddicht. Die dünnere kommt ab dreizehn Grad zum Einsatz.
Skihose, Stirnband für unter die Mütze, Gesichtsmaske und Halsschutz
Jacke
Eine Neuanschaffung. Die namhaften Hersteller wollen für eine winterliche Softshell Jacke locker weit über zweihundert Euro. Es gibt aber auch skandinavische Hersteller, die deutlich darunter bleiben.
Meine Jacke besitzt nicht gerade meine Lieblingsfarbe, bietet aber mit hundertfünfzig Euro alles, was ich brauche und hält mir vor allem den eisigen Wind vom Oberkörper fern.
Typisch für die Skandinavier sind übrigens die überlangen Ärmel. Das fand ich ausgesprochen angenehm.
Die Jacke war tiptop und hielt mich zuverlässig warm. Darunter trug ich je nach Kälte einen dicken Fleecepullover oder ein gefüttertes Oberteil mit jeweils einem langen Untershirt darunter.
Ich kann die Jacke auch noch im März tragen.
Ich empfehle eine Jacke mit Kapuze, weiter unten beschreibe ich warum. Ich habe sie eine Nummer größer gewählt, damit der dicke Fleecepulli noch darunter Platz hat, ohne dass alles spannt.
Kopf und Hals
Auch hier trage ich mehrere Lagen.
Ich bekomme bei Zugluft schnell Halsweh, also darf kein Wind hingelangen.
Erst binde ich ein dünnes Halstuch um. Falls ich mit Maske radeln muss, kommt als nächstes die Maske, die auf dem Stirnband praktischerweise noch zusätzlich die Ohren bedeckt. Ich habe sie noch aus Grasshopper-Zeiten. Die Maske lässt die Nase frei und ist aus Windstopper-Material. Sie hilft sehr, und ich trage sie bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und darunter.
Heutzutage gibt es bestimmt besser geschnittene Masken, wichtig ist das Material. Sie wird nicht nass vom Atem und schützt die Nasennebenhöhlen zuverlässig.
Dann folgt der Halsschutz aus Fleece. Leider kann ich euch den nicht verlinken, weil ich ihn nicht mal bei Google finde. Er ist von Jack Wolfskin und wenn ihr in einen Laden geht und ihn beschreibt, könnt ihr ihn bestellen.
Falls ich keine Maske brauche, ziehe ich den Fleece hoch bis unter die Nasenspitze. Mit einem Band kann man ihn eng zurren.
Die Ohren bleiben dank mehrerer Lagen sehr warm. Es ist gar nicht so einfach, eine Mütze zu finden, die die Ohren vollständig bedeckt und dabei nicht auf den Augen sitzt. Zum Schluss ziehe ich noch die Kapuze über. Sie sorgt dafür, dass wirklich nichts an die Ohren dringt und macht einen großen Unterschied. Deswegen würde ich nur eine Winterjacke mit Kapuze kaufen. Der hohe Kragen ist auch ein wichtiges Detail. Man kann bis unter die Nase alles rundum dicht machen.
Schuhe
Die Schuhe habe ich, wie meine Hose, in der Skiabteilung gekauft.
Sie sind warm gefüttert, für den Schnee konzipiert und wasserdicht.
Durch das Profil habe ich einen festen Grip auf den Pedalen, so braucht man keine Klickies.
Ich kann eine dreiviertel Stunde radeln, bevor die Zehen kühl werden.
Diese Schuhe sind der Knaller. Wenn ich mir in manchen Foren durchlese wie manche Leute Wärmepflaster auf ihre Fußrücken kleben ... naja. Mit Schneeschuhen braucht man das zum Glück eher nicht. Sie sind auch nicht optisch grob.
Pflege
Im Winter kann die Haut jucken und spannen.
Wenn ich viel Rad fahre, dusche ich nicht sehr warm und die Haut bleibt entspannter, auch ohne exzessives Eincremen. Durch die Bewegung habe ich nicht das Bedürfnis, mich durch das heiße Wasser aufwärmen zu müssen.
Im Winter ist die Raumluft durch das Heizen sehr trocken, aber auch draußen herrscht nur geringe Luftfeuchtigkeit (weswegen kluge Leute ihre Keller nicht im Sommer, sondern im Winter lüften). Zusätzlich leiden unsere Nasenschleimhäute auch unter der Kälte und brauchen Pflege.
Meine Geheimwaffe heißt Nasenbalsam von Wala. Seit ich das obligatorisch morgens und abends auftrage und zusätzlich vor jeder Tour mit dem Trike, leide ich nicht mehr unter trockener Nase, habe weniger Schnupfen und freue mich über freies Durchatmen. Die Kinderversion kommt ohne ätherisches Öl aus.
(Tut auch während der Heuschnupfensaison gut.)
Ein Jahr GoSwiss Drive
Seit rund einem Jahr habe ich nun den GoSwiss Drive Motor. Zeit, meinen Eindruck mit euch zu teilen.
Ich bin begeistert und rundum zufrieden! Bis heute läuft er zuverlässig, und ich hatte noch nicht eine Störung. Während des Winters lief er genau so gut wie im Sommer. Lediglich den Akku nahm ich während der Arbeit mit hinein, damit er nicht bei Minusgraden auskühlt. Sonst lasse ich den Akku am Trike.
Mit dem Hersteller habe ich ein Interview verabredet, damit wir etwas über die richtige Pflege des Akkus erfahren können. Man kann einiges tun, um eine lange Lebensdauer zu erreichen und wir hören Interessantes über die speziellen Funktionen fürs Trike.
Dann zeige ich euch auch das lange versprochene Video zum Rückwärtsgang. (Manche erinnern sich: das Ruckeln mit dem Hintern 😀 )
Falls ihr Fragen an den Hersteller habt, könnt ihr sie in die Kommentare schreiben:
Motor, Akku, Display, Funktionen, die ihr vermisst - immer her damit.
Pauls Trike war gerade zur Jahresinspektion in der Werkstatt. Er hatte manchmal das Gefühl, dass sein Tritt nicht rund unterstützt wird. Der Fachmann hat das bestätigt und eine andere Version der Software aufgespielt. Die vom Werk (HP Velotechnik, nicht GoSwiss Drive) aufgespielte wäre nicht die richtige gewesen, meint er.
Zum Schluss noch ein Wort zu Emilia
Ich danke euch sehr herzlich für die vielen aufmunternden und teilnehmenden Worte. Es wärmt mein Herz, dass sie von so vielen gemocht wurde.
Die Anhängerkupplung bleibt am Trike ... vielleicht recherchiere ich bald mal nach den neuesten Modellen.