Einen Tag nach dem Liegeradtreffen in Hannover unternahmen Paul und ich eine Ausfahrt an den Donoper Teich.
Abends fand ich eine E-Mail in meinem Ordner mit diesen Bildern, die jemand von uns gemacht hatte. Der Fotograf schrieb, dass er zum ersten Mal ein “Scorpion” wahrhaftig gesehen und deswegen Bilder geschossen und mich durch Google gefunden habe. Da habe ich mich aber gefreut, ein schöner Moment von mir, Paul und Emilia hatte er eingefangen.
Nachdem wir eine Tour am Weserradweg schon nach 15 km abbrechen mussten, weil schwarze Gewitterwolken genau auf uns Kurs nahmen, blieb ein sehr unzufriedenes Gefühl. Die 15 km zurück fuhren wir in hohem Tempo und unter dem Druck, noch trocken das Auto zu erreichen, denn dieser Regen würde sehr unangenehm werden, trotz Regenschutz. Wir schafften es auch tatsächlich und zurrten mein Scorpion auf dem Autodach unter den ersten dicken Tropfen und Blitzen fest.
Mein Hund ist so arm dran…
Der Tag hatte schon mit Regenschauer begonnen, die aber nicht lange anhielten und bald der Sonne wichen. Wir fuhren von Hameln los, wo ich noch zum Friseur ging. Damit wir nach meinem Termin gleich starten konnten, parkten wir außerhalb und radelten in die Innenstadt.
Emilia hat kein Problem damit, mal eine Weile im Anhänger auf mich zu warten. Sie liegt dann in ihre Decken gekuschelt und bleibt ruhig bis ich zurückkomme.
Die Liegedreiräder mit Anhänger standen direkt vor dem Eingang zum Friseur und ich schaute immer mal wieder, ob Emilia auch entspannt war.
Was allerdings ein Problem ist, sind die Leute, die dann, angezogen durch die außergewöhnlichen Fahrräder und den Hundeanhänger, zum Liegedreirad gehen. Vor allem ältere Damen können nicht widerstehen, den Hund im Anhänger anzusprechen, sobald sie entdecken, dass Emilia drin sitzt.
“Oh, da ist ja ein Hund. Ach, wie süß – naaa? Bist du ganz alleine?
Du Armer, du….”
“Nein, ich kann dich nicht rauslassen. Willst du spielen?”
“Guck mal, Annemarie – der arme Hund. Der ist ja so süß!”
Ja, man könnte durchaus den Eindruck gewinnen, dass Emilia ganz arm dran ist.
Wenn sie angesprochen wird, fängt sie an, Laute von sich zu geben, die in leises Jaulen münden, weil sie gerne mit den Leuten spielen würde.
Wenn sie dann nicht hinausgelassen wird, fängt sie an zu winseln, weil sie hofft, jemand “macht die Türe auf”.
Sie springt im Anhänger umher und freut sich über die Aufmerksamkeit. Für Außenstehende sieht es so aus, als wäre der Hund ganz einsam und unglücklich, dabei sind sie es, die den Hund so aufregen.
Wenn die Leute dann weggehen, legt sie sich wieder ganz ruhig hin. Ich konnte vom Eingang des Friseurs so eine Szene beobachten, doch kurz bevor ich eingreifen wollte, zogen die vier Damen ab, natürlich nicht, ohne vorher noch lautstark kundzutun, dass das schreckliche Leute sein müssen, die ihren armen, süßen Hund so schlecht behandeln, dass er heulend und alleine eingesperrt da sitzen muss.
Mein Friseur, der die Lage erkannte, lud Emilia kurzerhand in seinen Salon ein und gab ihr ein altes Handtuch zum Spielen. Augenzwinkernd merkte er an, dass die Hundehaare wohl kaum auffielen zwischen all den abgeschnittenen Menschenhaaren auf dem Boden.
Nun saß sie also auf meinem Schoß beim Friseur und zitterte nach dem Spielen mit dem Handtuch (Jack-Russell Terrier zittern fast immer – entweder nach einer Anstrengung oder vor Freude oder weil sie etwas nicht erwarten können!) und als eine ältere Kundin den Salon betrat, sah sie den Hund und meinte:
“Ach Gott, der arme Kleine…wie der zittert! Du hast ja Angst…” Dabei schaute sie mich vorwurfsvoll an. Ich kann mir gut vorstellen, was sie sagte, als ich den Laden verließ…
Schloss Neuhaus
Am nächsten Tag wurden wir für die unterbrochene Tour an der Weser entschädigt. Paul und ich beschlossen, den Senneradweg auszuprobieren.
Von Hövelhof starteten wir und fuhren den fast durchgängig asphaltierten Radweg entlang, der mal kurz durch eine Ortschaft und an der Hauptverkehrsstraße entlang führte.
Wir hatten keine Karte zur Orientierung mit und verließen uns auf die Beschilderung, die im Internet als “ausgezeichnet und zuverlässig” gelobt wurde. Die Route führte zwischen Feldern hindurch und durch Wälder mit großen, alten Bäumen, die viel Schatten spendeten und majestätisch ihre Blätter im Wind rauschen ließen.
Es gab immer mal wieder eine Weggabelung, an der ein Schild fehlte und wir radelten manchmal hin und her bis wir wieder auf die richtige Fährte kamen. Nur wenige Kilometer von der Paderborner Innenstadt entfernt erreichten wir Schloss Neuhaus, wo wir eine Pause einlegten. Der Schlossgarten ist nach historischem Vorbild angelegt und die Umgebung mit ihren Flüssen und Auen wurde wieder naturgetreu gestaltet, so dass ein viele Kilometer reichendes Areal zum Naturparadies wurde.
Paul machte ein paar Fotos als ein orangenes Scorpion neben uns auftauchte. Der Fahrer lachte vergnügt und schoss ein paar Bilder von mir und Paul. Er konnte kaum gehen, aber Liegedreirad fahren, war kein Problem.
Er erzählte uns, dass er Windkrafträder repariert habe und bei einem Einsatz von hoch oben gestürzt sei, wobei er sich beide Ellbogen und ein Bein zertrümmert habe. Er sei seither stark eingeschränkt in seiner Beweglichkeit, aber mit dem Scorpion habe er viel Mobilität zurückgewonnen. Er zeigte uns seinen BionX Antrieb der ersten Generation und bestaunte das Nachfolgemodell an unseren Rädern.
Da die Beschilderung ab dort nicht so klar war wie versprochen, beschlossen wir, eine kleine Schleife zu drehen und einfach wieder zurück zu fahren. Die Auenlandschaft mit Flussüberquerungen hatte uns sehr gut gefallen. Die Brücken sind großzügig breit angelegt und die Radwege in einem tadellosen Zustand.
Nach fast 60 km erreichten wir wieder den Bahnhof in Hövelhof. Den Senneradweg können wir wärmstens empfehlen. Da er keinerlei Steigungen hat, ist er auch für Kinder sehr geeignet.