Zum Liegerad kam ich ganz überraschend. Auf meinem bequemen und “normalen” Tourenfahrrad fuhr ich fast täglich zur Arbeit. Schmerzen in Nacken, Handgelenken und Schultern, sowie Durchblutungsstörungen im Beckenbereich minderten meinen Fahrgenuss erheblich. Immerhin brauchte ich eine gute Stunde für eine Strecke (18km) und war mit vollgepackter Tasche und Hund zusätzlich beladen.
Mein Fahrradhändler war ein Liegeradspezialist und meinte, dass ein Liegerad ideal für meine Bedürfnisse sei. Er bot mir an, ein leichtes Tourenliegerad für einen längeren Zeitraum zu mieten, damit ich Erfahrungen damit machen konnte. Das Modell war für kleinere Frauen ideal und zum Einstieg leicht zu fahren.
Ich traute mich kaum damit in die Öffentlichkeit, weil ich befürchtete, mich zu blamieren, wenn ich beim unsicheren Anfahren die Balance verlieren würde, denn mit solch einem Rad ist einem die volle Aufmerksamkeit der Umstehenden gewiss.
Liegeradfahrer waren zu dem Zeitpunkt in meiner Vorstellung ausgeflippte Ökos oder Survival-Freaks, die den Globus mit ihrem komischen Gefährt umrunden. Und ich konnte mir definitiv nicht vorstellen, dieser Welt anzugehören.
Das ist nun mehr als 12 Jahre her. Vom ersten Moment an auf jenem Leihrad, hatte ich ein Lachen auf dem Gesicht, das sich immer wieder unwillkürlich einstellt, sobald ich mit meinem Liegerad losfahre. Viele Jahre hatte ich große Freude mit dem „Grasshopper“ von der Firma HP Velotechnik, selbst bei Regen und Kälte wollte ich nicht darauf verzichten und verschmolz mit dem Gefährt mit den zwei kleinen Rädern zu einer Einheit, sobald ich die erste Umdrehung mit den Pedalen machte.
Nun bin ich umgestiegen auf ein Liegerad Trike, dem “Scorpion fs” und habe damit meinen Fahrgenuss potenziert. Da ich nicht mehr lange Strecken zur Arbeit zurücklegen muss, bin ich ausschließlich „Freizeit-Genuss-Fahrerin“ geworden und so stört es mich auch nicht, dass ich mit den drei Rädern etwas behäbiger unterwegs bin. Das macht der elektrische Hilfsantrieb mehr als wett, denn ohne diese Unterstützung käme ich von meinen Touren nicht gut gelaunt nach hause. Ich wohne an einem sehr steilen Hang, ziemlich weit oben und kann im Sommer des Abends beobachten, wie selbst muskelbepackte Mountainbiker keuchend ihr Sportfahrrad an unserem Haus vorbeischieben.
Die kleine Terrier-Hündin “Emilia” hatte auf ihre alten Tage einen großzügig bemessenen Anhänger bekommen, in dem sie sich bequem ausstrecken konnte. In den Ruhephasen, die sie nun immer häufiger brauchte, wurde der Korb auf dem Gepäckträger etwas zu eng. Sie ist Anfang 2018 im Alter von 15 Jahren gestorben.