Der BionX Motor kündigte mein Heranfahren schon meterweit mit lautem Rattern an. Dabei spielte es keine Rolle, ob er in Betrieb war oder nicht, irgend etwas im Motor im Hinterrad machte dieses laute Geräusch.
Was Geräusche angeht, bin ich etwas empfindlich, wie ich zugeben muss. Nicht nur weil ich sensible Ohren habe, sondern auch, weil ich es nicht ertragen kann, wenn mein Fahrzeug Geräusche von sich gibt, die nicht vorgesehen sind. Deswegen hatte mich meine kreischende Bremse vor ein paar Monaten so genervt, andere mögen eine höhere Toleranzgrenze dafür haben.
Kein Rad aus dem Baumarkt
Vielleicht spielt auch eine gewisse Eitelkeit mit hinein, aber ich empfinde das so: Ich habe ein tolles Liegedreirad, auf das ich Stolz bin und wofür ich lange gespart habe. Wenn ich damit fahre und es sich anhört, als hätte ein Hobbybastler aus gebrauchten Teilen etwas zusammengeschraubt, kriege ich eine Krise.
Ich war also ziemlich unglücklich mit dem Rattern aus dem Hinterrad, wie du dir vorstellen kannst.
Ein Übel kommt ja selten allein und so hatte meine Gangschaltung beschlossen, mir mal zu zeigen, warum Kettenschaltungen nicht die eleganteste Lösungen sind.
Bereits beim Felgenfest merkte ich, dass etwas nicht stimmt und als mir dann drei Mal die Kette absprang, wusste ich, dass ich mich darum kümmern sollte. Aber ich verschob das immer wieder und die Kette sprang nicht mehr ab, dennoch merkte ich einen gewissen Widerstand bei jeder Umdrehung. Zu allem Überdruss gab auch das ein leises Geräusch von sich, was sich im Orchester ungefähr so anhörte:
“Rrrrrrrrrrrr” als konstanter Hintergrund und ein rhythmisches
“Klack – klack – klack” dazu.
Erst einmal wollte ich den Motor in Angriff nehmen und brachte das Liegedreirad nach Bielefeld zum Fachhändler, denn dort setzen sie sich mit der elektrischen Mobilität gerne auseinander. Der Motor musste eingeschickt werden und HP Velotechnik schickte mir prompt einen Ersatz zu, damit ich nicht auf mein Scorpion verzichten musste. Während der Wartezeit wurde das Symptom der Kettenschaltung immer schlimmer und die Kette sprang beim Schalten wieder ab.
Ein Mal Hochschieben, bitte!
Was habe ich geflucht! Voll beladen mit dem Einkauf, den Hundeanhänger angekoppelt, bleibe ich mitten am steilen Hang stehen und darf mir wieder mal die Finger verschmieren. Seitdem gehören für mich Einweghandschuhe aus dem Medizinbereich zur Ausrüstung mit dazu.
Anfahren, sogar im kleinsten Gang und mit elektrischer Unterstützung, konnte ich vergessen. Aber alles den Berg hochschieben? Den Anhänger abkoppeln und nach dem Trike einzeln hochziehen? Den ganzen Weg? Liebe geistige Welt, wenn es wirklich gutherzige Helfer gibt, bitte zeigt euch jetzt!
Und da fällt mir wieder ein: Dieser kleine rote Knopf am Display.
Die Funktion war mir in der Theorie bekannt, gebraucht hatte ich sie bislang noch nicht. Wenn ich auf das Knöpfchen drücke, schiebt der Motor das Rad ohne weitere Hilfe an. Das kann bis 6 km/h Anschub geben. Es ist wie ein Ruck und als Impuls gedacht, also keine dauerhafte Fahrhilfe, so dass man sich nicht einfach rollen lassen kann, wenn man auf dem Trike sitzt.
Ich drücke voller Hoffnung und Zweifel auf den Knopf und – gebe einen Jauchzer von mir. Das ganze Gefährt hat einen Meter Anlauf genommen. Wie ich mich freue! Jetzt lasse ich den Finger dauerhaft auf dem Knopf und weil es steil bergauf geht, ruckelt das Liegedreirad nicht den Berg hinauf, sondern fährt schön gleichmäßig neben mir her. Ich muss nur lenken. Wie einfach das ging, denke ich als ich oben angekommen bin. Dieses Stück kann ich also immer so bewältigen, wenn ich mich mit hochrotem Kopf abmühe. Zumindest brauche ich keine Angst mehr zu haben, wenn ich mal schieben muss.
BionX: “Wir sind dann mal weg…”
Bei BionX Deutschland gab es einen Besitzerwechsel. Die Firma kündigte im Juni an, dass es den ganzen Juli über weder Service gäbe noch jemand erreichbar sein würde bis im August die neuen Strukturen in Kraft treten. Danke, HP Velotechnik, dass ihr mich mit einem Ersatzmotor ausgestattet habt. So etwas hatte ich ja noch nie gehört. Aber BionX sollte mich noch mehr amüsieren…
Ich hatte nun endgültig genug von meiner Schaltung und ließ das Scorpion zwei Wochen lang stehen bis ich die Nachricht erhielt, dass mein Motor wieder eingebaut werden könnte. Endlich – ich war froh, dass ich nun die Gangschaltung in Ordnung bringen lassen könnte.
Seit Samstag habe ich das Liegedreirad zurück und kann kaum glauben wie leicht die Schaltung zu betätigen ist. Mein Scorpion surrt leise über die Straße und bringt wieder ungetrübtes Fahrvergnügen.
Der Motor wurde nicht repariert. Stattdessen schickte BionX gleich einen komplett neuen und spart sich die Mühe, am beschädigten herumzuschrauben. Nachdem ich das Liegedreirad jetzt noch keine zwei Jahre habe, bekam ich schon einen neuen Akku und jetzt einen neuen Motor spendiert. So ganz ohne Garantieleistung oder Aufwand meinerseits. Wenn das so weitergeht, brauche ich mir wegen Verschleiß am E-Antrieb keine Gedanken zu machen…
Obwohl ich natürlich einen gewissen Aufwand habe, wegen der BionX Technik mein Trike immer mal wieder in die Werkstatt bringen zu müssen, stelle ich trotzdem fest, dass BionX mir nie Probleme bezüglich Gewährleistung oder Kosten macht. Ich bekomme einfach einen neuen Ersatz, ohne weitere Komplikationen.
Pünktlich zum nasskalten Wetter kann ich nun also wieder das schöne Lipperland auf drei Rädern erkundigen. Auf dem Wochenmarkt fragen sie mich schon, wo mein Liegedreirad abgeblieben ist.