Ein Kleidersack fürs Trike, wie ich plötzlich noch die neue Kühlbox von Ortlieb kaufte, über Angst im Dunkeln, wie ich ganz schnell den Berg hoch radelte und ein paar Links zu Videos für verregnete Tage.
Auf einem Blog über das Wetter zu schreiben, finde ich ja schon irgendwie einfallslos. Aber gestern stürmte es so heftig, dass sogar die Schubkarre durch die Luft flog. Dazwischen: Platzregen
Ich versuchte mich also den ganzen Tag damit abzufinden, dass ich abends nicht mit dem Trike zum Unterricht radle. Zwei Stunden vor der Abfahrt ging ich prüfend im Viertelstundentakt hinaus. Es windet doch gar nicht mehr so heftig?
Kleidersack fürs Trike
Es ist nämlich so: Seit vier Wochen warte ich schon auf eine besondere Fahrradtasche aus Übersee. Die hing dann noch eine Weile beim Zoll fest und kam just gestern endlich an.
Eigentlich ist es keine klassische Fahrradtasche, eher ein Kleidersack für das Fahrrad.
Als ich das im Internet entdeckte, war ich sofort Feuer und Flamme. Genau das hätte ich so dringend gebraucht als ich noch jeden Tag achtzehn Kilometer zur Arbeit pendelte. Meine Kleider waren oft zerknittert, wenn ich nach einer Stunde endlich im Büro ankam. Dieses Teil verspricht, dass man sogar einen Anzug oder Blusen ordentlich glatt auf dem Fahrrad mitnehmen kann.
Ich bin ja eine begeisterte Anhängerin von mit-dem-(Liege)Rad-zur-Arbeit-pendeln und bereite schon seit Wochen einen Beitrag zu dem Thema vor. Ich beschreibe darin wie ich das früher machte, wie ich es heute gestalte und was es mir leichter macht, damit das nicht immer eine Riesenaktion ist. Plus Vorher-/Nachherbilder, damit ihr sehen könnt, wie zerzaust ich ankomme und mich in kürzester Zeit in das gepflegte Erscheinungsbild der Frau Dozentin verwandle. Was nehme ich mit, wo wasche und frisiere ich mich, usw.
Bei meiner Recherche stieß ich also auf diesen Kleidersack. Und dachte mir: "Den probiere ich für euch aus". Ich möchte ja zum Fahrradpendeln animieren.

Bei meiner Recherche fand ich dann auch noch eine Kühlbox von Ortlieb fürs Fahrrad und war auch gleich Feuer und Flamme. Die bestellte ich glatt mit und habe mir damit sozusagen meine eigenen vorgezogenen Weihnachtsgeschenke beschert. Die Box war schon einige Male im Einsatz, dazu habe ich auch schon gefilmt, denn ich bin ja auch eine Anhängerin von mit-dem-(Liege)Rad-einkaufen-und-das-Auto-stehen-lassen. Und für Molkereiprodukte hatte ich immer eine etwas umständliche und platzraubende Lösung. Ich werde euch nach etwas mehr Erfahrung darüber berichten und beurteilen, ob sich diese Anschaffung lohnen könnte.
Paul prustete los als er mich das erste Mal mit dieser Box auf dem Gepäckträger sah und meinte, ich sähe jetzt so langsam aus wie jene Typen, die ihr Trike mit allem möglichen Equipment tunen. Diese Reaktion habe ich mit stoischer Mine ignoriert und radelte selbstbewusst zum Wochenmarkt.

Aber wo war ich noch gleich? Ach so. Mein Paket. Da ich also den heiß ersehnten Kleidersack endlich auspacken durfte, wollte ich ihn natürlich auch "jetzt gleich, heute und sofort!" ausprobieren. Mann und Hund beobachteten erstaunt wie die Liegeradfrau durch peitschenden Regen in die Scheune rennt, um zu sehen, ob die Haken auch alle am Gepäckträger des Trikes passen und die beiden Enden nicht am Boden schleifen. Und beide beobachteten noch erstaunter wie die Liegeradfrau zufrieden strahlend, mit nassen Haaren und bestens gelaunt die Haustüre aufstemmt und mit fester Stimme verkündet, dass der Sturm bis zum Abend abklingen würde. Stand jedenfalls so im Wetterbericht online. Deswegen die viertelstündliche Überprüfung der Windstärke später.
Kurzum - ich habe das Wunderding gepackt, auf den Gepäckträger geschnallt und bin tapfer geradelt. Es war aber auch wirklich nur noch windig und immerhin regnete es nicht auf dem Hinweg.
Dieser Tag hat mir einige Erkenntnisse beschert.
1. Angst ist ansteckend
Ich bin kein Angsthase. Manchmal wäre mehr Angst sicherlich angebracht, das fällt mir oft nach einer Situation auf. So streunte z.B. neulich ein aggressiv auftretender Hund in unserer Straße und bedrohte eine Frau, die Zeitungen austrug. Sie schrie um Hilfe, der Hund hatte sie gestellt und bellte sie mit gesträubtem Nackenfell an, dass der Geifer spritzte. Ich baute mich vor dem Hund auf und sprach ihn mit lauter, fester Stimme an. Er wich vor mir zurück und ließ sich zurückdrängen, und die Frau konnte abhauen. Ich auch. Danach dachte ich: "Wie krass, das hätte auch anders ausgehen können." Aber ich wollte halt helfen.
Ich radle also so vor mich hin, bin auf dem Nachhauseweg und denke über den neuen Kleidersack nach. Ich bin nach dem ersten Gebrauch sehr zufrieden damit. Es ist sehr dunkel und dicke Wolken verhängen den Himmel. Plötzlich traue ich mich nicht, die normale Route nach hause zu nehmen. Der Weg ist nicht beleuchtet und niemand würde mich hören, wenn mir was passiert. Was genau mir dort passieren könnte, weiß ich auch nicht genau. Aber das mulmige Gefühl bleibt. Ich entscheide mich, an der Hauptstraße entlang zu radeln, dort wären Menschen und Straßenlaternen.
Ich hatte mich vergangene Woche mit einer Frau unterhalten, die mir von schrecklichen Überfällen auf Radfahrerinnen erzählte.
Und wisst ihr was? Auf der "sicheren" Strecke werde ich zweimal von Männern angepöbelt. So viel dazu.
2. Nasse Armablagenpolster passieren dir nur ein Mal!
Ich wusste es schon vorher, man hatte mich gewarnt. Die Armablagen möchte ich nicht mehr missen. Aber diese kleinen Kissen saugen sich bei Regen voll wie ein Schwamm.
Den Sitz hatte ich mit der Regenhülle vorsorglich geschützt bevor ich ins Gebäude ging. Aber vor lauter Aufregung, weil ich den Kleidersack nicht so elegant abbekam und ich neugierige Zuschauer hatte, vergaß ich die Polster der Armablage.
Ich habe mir eingebildet, das sei nicht so schlimm. Halte ich eben meine Hände wie früher auch, ohne sie abzulegen. Nach zwei Kilometern bildete ich mir ein, dass es so nass nicht sein könnte.
Doch, ist es. Der ganze Ärmel ist dann nass, was bei den kühlen Temperaturen in der Dunkelheit echt eklig ist. Aber ich bin ja Meditationsprofi. Und so versuche ich mich die ganze Zeit auf einen anderen Punkt meines Körpers zu fokussieren, um den nassen und kalten Fleck an den Unterarmen zu ignorieren. Aber versucht mal nicht an etwas zu denken! Zum Beispiel, denkt jetzt nicht an ein rosarotes Scorpion fs. Na, wie funktioniert das?
Die Tatsache, dass mein Oberkörper ebenfalls unangenehm kalt wird, macht die Situation auch nicht gerade komfortabler. Und Frauen, ihr wisst sofort was ich meine, wenn ich schreibe, dass es an zwei anatomischen Stellen besonders kalt wird. Männer, ihr könnt es euch denken. Windwesten wurden bestimmt extra für die weibliche Brust erfunden.
Natürlich könnte ich jetzt anhalten und die Regenjacke auspacken, die schützt auch vor Wind. Aber in der Dunkelheit an einer mir unvertrauten Tasche herumzufummeln, um dann eine Jacke über die klatschnassen Ärmel zu ziehen? Nein danke, da halte ich lieber noch durch!
Immerhin, als mich das Unbehagen wegen des abgelegenen Weges beschleicht, habe ich eine wirklich effektive Ablenkung von den nassen Ärmeln.
3. Zum Glück ist es abends nun dunkel
Ein Segen für RadfahrerInnen, die abends noch unterwegs sind. Denn so bin ich beim Aufschließen des Fahrradschlosses noch gut gelaunt und freue mich auf die Heimfahrt. Es bringt ja nichts, schon bange Gedanken zu haben, ob der dunklen Regenwolken, die sich bedrohlich am Himmel türmen. Die sieht man im Dunkeln glücklicherweise nicht.
Wenn es dann heftig regnet, ist man schon unterwegs und hatte bis dahin eine unbeschwerte Zeit. Oft hat man ja Glück, so wie ich gestern. Nur noch einen Kilometer vom trockenen Zuhause entfernt! (Wäre ich die normale Route gefahren, wäre ich übrigens schon da gewesen, das kommt davon, wenn man sich Angst einreden lässt.) Und das bescherte mir die nächste Erkenntnis.
4. Es geht immer noch was
Fette, schwere Regentropfen klatschen auf mich herab. Noch im überschaubaren Ausmaß, aber das wird sich wohl gleich ändern. Ich fahre die extrem steile Straße hoch (die ich sonst ja meide) und kann nicht schneller, weil schon jetzt meine Oberschenkelmuskel protestieren. Die Tropfen werden heftiger, wahrscheinlich kommt gleich ein Platzregen wie schon einige Male heute. Ich schalte am Motor eine Stufe höher und pedaliere noch schneller.
Die Muskeln brennen, aber mein Ziel ist klar: Ich möchte ankommen bevor der Regen richtig stark wird. So kurz davor, lohnt es sich auch nicht mehr anzuhalten, um die Regenkleidung überzuziehen. In der Dunkelheit an unvertrauter Tasche herumfummeln. Ihr wisst schon.
Ich werde tatsächlich schneller und kann noch mehr geben. Mit der richtigen Motivation ist das kein Problem.
5. RadlerInnen haben oft Glück
Tatsächlich erreiche ich vor dem Platzregen noch mein Zuhause und kann das Trike in Ruhe verstauen. Jetzt, da keiner zusieht, bekomme ich auch die neue Tasche mit einem Handgriff vom Gepäckträger.
Einige Minuten später öffnet der Himmel seine Schleusen. Und wenn ich darüber nachdenke, ist es oft so. Meist überrascht mich unterwegs kein schwerer Regen.
Man könnte glatt den Eindruck bekommen, ich hätte einen beschwerlichen Weg gehabt. Aber ganz ehrlich: Ich saß abends total zufrieden und glücklich auf der Couch und fand, dass das gar nicht so schlecht lief. Es gab nur ein paar Unbequemlichkeiten an diesem Tag. Und die warme Dusche war heute ein ganz besonderer Genuss.
Bis zum Erscheinen meines Fahrradpendel-Manifests habe ich mehr Erfahrungen mit dem Kleidersack und kann ihn besser beurteilen, was sehr gut zu dem Thema passt.
Schaut euch auch schon mal die Kühlbox auf der Website von Ortlieb an, die ist echt interessant. Mein Urteil dazu bekommt ihr demnächst.
Was mich sonst noch bewegt
Einen Beitrag des ZDF möchte ich euch heute noch unbedingt ans Herz legen. Der Moderator fährt ein HASE Trike und trifft einen ganz entzückenden betagten Herrn mit seinem Anthrotech. Wer spätestens dann nicht laut lachen muss, als die beiden gemeinsam "Jo, mir san mi'm Radl do" singen, der hat ein Herz aus Stein.
Spannend ist auch das Interview mit dem SPEZI Initiator und einem Liegeradfachhändler, das der Moderator danach führt.
Dass darin der Eindruck entsteht, ein Trike koste zehntausend Euro, wobei nicht mal erwähnt wird, dass es dann zumindest einen Motor hat ... naja. Dafür traf die Aussage, dass ein Trike Suchtfaktor habe, den Nagel auf den Kopf.
Die ARD hat eines der besten Portraits über HASE BIKES und Marec Hase ausgestrahlt, das ich je über den Waltroper Tüftler sehen durfte. Es wird ihm sehr gerecht und geht in die Tiefe. Wie Marec neben seiner Mutter sitzt und sie davon erzählt, dass sie fest an ihn glaubte - als Einzige. Einfach wunderbar.
Zwar entsteht für Nicht-Insider hier auch ein falscher Eindruck, nämlich der, dass Marec Hase einen Partner hatte, der das alles mit ihm aufbaute, aber darüber kann man großzügig hinwegsehen.
(Leider kann ich die oben erwähnten Beiträge von ARD und ZDF nicht als Video darstellen. Dazu bitte den jeweils lila Link anklicken.)
Nach Diesel-Gate ist die Angst ja groß, dass zukünftig in manchen Städten ein Fahrverbot für Kraftfahrzeuge droht. Da macht die Bundesregierung einfach mal so eine Milliarde locker, um alternative Verkehrsmittel attraktiver zu machen. Diese Großzügigkeit soll auch dem Ausbau von Radwegenetzen zugute kommen.
Ich sehe mir immer gerne an wie Politik das an anderen Orten der Welt, gegen Autolobby und andere Hindernisse, schon hinbekommen hat. Dieses Video ist auch mit wenig Englischkenntnissen sehr sehenswert.